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Beitrag vom 28.06.2012
Adele & Glenn - Carrington Street
Katarina Wagner
Bei den Go-Betweens standen sie jahrelang im Hintergrund. Jetzt zeigen die AustralierInnen ihre eigenen Singer-Songwriter Qualitäten. In luftig leichtem Indie-Pop reflektieren sie ...
... das Großstadtleben, die Einsamkeit darin, die Sehnsucht, auszubrechen und natürlich die Liebe.
Adele Pickvance und Glenn Thompson sind keine Neulinge im Geschäft. Einzeln und gemeinsam stehen sie seit den Neunziger Jahren mit australischen Musikgrößen im Studio und auf der Bühne. Mit der Dave Graney Show nahm Adele ab 1998 vier Alben auf und tourte ausgiebig. Zusammen mit Glenn spielte sie erstmals in der zweiten Formation der Go-Betweens Er am Schlagzeug und sie am Bass. Später begleiteten die Zwei den prominenten Frontmann Robert Forster auch bei dessen Solokarriere.
2009 machte Adele einen Ausflug ans Theater. In Brisbane wurde Butterfish des preisgekrönten Autors Nick Earls inszeniert, mit Pickvance als Musical Director. Thompson spielte in der Band Custard und erwarb nebenbei Stück für Stück das Wissen und Equipment für ein eigenes Aufnahmestudio in Sydney.
Trotz ihrer unterschiedlichen Projekte, verband die beiden immer ein tiefer musikalischer Einklang. Vor drei Jahren zog dann auch Adele in die Metropole und sie machten sich daran, einen eigenen Sound zu entwickeln. Ohne Druck nahm das Duo sich Zeit, zu experimentieren, Songs zu schreiben und zu arrangieren.
Schließlich fertig gestellt, fand sich in Down Under kein Label für das Debüt. In Europa andererseits wurde der australische Indie-Pop mit offenen Armen aufgenommen. "Glitterhouse" aus Deutschland wird Carrington Street nicht nur als CD, sondern auch auf Vinyl veröffentlichen. Das freut das Duo besonders, da sie die Tracklist nach einem Zwei-Seiten-Schema konzipiert hatten, wie Adele erklärt.
Aufgenommen wurde unter Eigenregie in Marrickville bei Sydney, genauer, in der "Carrington Street". Die teilweise experimentelle Street Photography in Schwarz-Weiß der Fotografin Sonja O´Keefe im Booklet unterstützen das Gefühl der Monotonie und Tristesse der Lyrics.
Jeder Teil dieses Gesamtwerks thematisiert das Großstadtleben. Die Songs beleuchten dabei einerseits seine Heraus- und Überforderungen, andererseits aber auch hoffnungsvoll kleine und große Glücksmomente. Die Texte wirken dabei nie gezwungen lyrisch oder mit Metaphern überladen. Es sind ehrliche Momentaufnahmen.
In Tunnels beschreibt Thompson auf der einen Seite die Sehnsucht, der Stadt, ihren Menschenmassen und Zwängen zu entfliehen., auf der anderen das Unvermögen, das Gewohnte hinter sich zu lassen. Vielleicht aus Resignation, vielleicht aber auch aus unbestreitbarem Heimatgefühl.
"You stay close to your family
Run away return voluntarily
Find a park just down the street
Tuck your shirt in and wipe your feet."
Remembering Names handelt von der Unfähigkeit, all die Eindrücke im beschleunigten Stadtleben aufzunehmen. Grey Suits ist eine müde klingende Anklage an die Trägheit und Ohnmacht, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen.
"I promised myself
last year I would leave this job.
…
We work all day
sleep all night
the rooms are small
the prices are steep
With a little faith
you take that leap"
Neben diesen etwas schwermütigen, von Gesang und Gitarre bestimmten Titeln finden sich auch tanzbare, fröhliche Stücke auf dem Album. City of Sound, geschrieben von Adele, ist schneller Indie-Pop, der Laune macht, mit verliebtem Lächeln im Sommer durch die Stadt zu radeln.
Auch Rescue versichert mit Country-Gitarren, die nach Belle and Sebastian klingen, dass es bei all den Sorgen auch noch Momente der Freude gibt. Zum Beispiel das Wiedersehen mit alten FreundInnen:
"I´m coming to your rescue
Flying through the night
…
I´ve been to your old place
And I´ll comt to your new
Your will see an old face
The moment I see you"
Das Duett Happiness besingt zum Klang einer verspielten Gitarre und Mundharmonika das Gefühl der Sicherheit in einer Liebesbeziehung. Die Glaubwürdigkeit dieser paradiesischen Zweisamkeit hängt vielleicht davon ab, ob die ZuhörerInnen selbst schon in die vorher besungene Resignation abgerutscht sind, oder zwischen dem Straßenpflaster noch Blumen sprießen sehen.
AVIVA-Tipp: Was sich auf dem Debüt in poppigem Indie verpackt, ist gut beobachtetes Großstadtleben in seinen Höhen und Tiefen. Musikalisch glasklar und harmonisch, vielleicht aber etwas zu glatt und wenig abwechslungsreich, stecken die Stärken in den Texten.
Adele & Glenn
Carrington Street
Label: Glitterhouse / Indigo
VÖ: 29. Juni 2012
Weitere Infos unter:
www.glitterhouse.com